20. Oktober 2014

Professor Alfred Prinz verstorben


In der Nacht zum 20. September 2014 verstarb in Wien Prof. Alfred Prinz, der langjährige Soloklarinettist der Wiener Philharmoniker, im 85. Lebensjahr. Alfred Prinz wurde am 4. Juni 1930 in Wien geboren, begann mit neun Jahren beim philharmonischen Lehrer Leopold Wlach Klarinette zu lernen. Später gesellten sich dazu noch ein Klavierstudium bei Bruno Seidlhofer und Komposition bei Alfred Uhl, ebenso wie ein Kapellmeisterstudium bei Hans Swarovsky. Bereits mit fünfzehn Jahren wurde er in das Orchester der „Staatsoper in der Volksoper“ als Klarinettist engagiert und war zehn Jahre in der Volksoper tätig; bis er am 1. September 1955 in die neu eröffnete Wiener Staatsoper wechselte, und dann als Soloklarinettist der Wiener Philharmoniker von 1955 bis 1983 tätig war. 1956 in den Verein aufgenommen, ging er im September 1995 in Pension.

Hinter diesen knappen Zahlen verbirgt sich ein reiches musikalisch erfülltes Leben; nicht nur am Instrument, im Orchester wie als Kammermusiker und Solist, auch als Lehrer und Komponist ist Prinz hervorgetreten. Die Einspielung des Mozart’schen Klarinetten konzertes 1973 unter Karl Böhm mit den Wiener Philharmonikern mag als herausragendes Beispiel dienen, steht hier aber nur als eines unter vielen. Allein die ausgeübte Dienstzeit von einem halben Jahrhundert klingt schlicht rekordverdächtig, die Facetten einer solchen Betrachtung mögen aber nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität seines Einsatzes beherzigen. Seine Unterrichtstätigkeit an der damaligen Wiener Musikhochschule, jetzt Universität für Musik und darstellende Kunst, begann im Jahr 1972; eine Gastprofessur an der Jacobs School of Music der University of Indiana in Bloomington übte Alfred Prinz zwischen 1996 und 1999 aus. Mit mehreren Meisterklassen am Salzburger Mozarteum ebenso wie auf Hochschulen in Finnland, Italien, Japan, der Schweiz und den Vereinigten Staaten hinterließ Prinz pädagogische Spuren.

Das kompositorische Werk umfaßt mehrere Symphonien, Stücke für Klavier und Kammermusik sowie Lieder, wie etwa die Fünf Goethe-Lieder aus 1998, gewidmet der Sopranistin Caroline Dowd-Higgins. Seine zweite und vierte Symphonie wurden 1968 in San Francisco unter Josef Krips ur aufgeführt. Mit einem Bläserquintett „Moments Musicaux – Reminiszenzen eines Musikenthusiasten“ aus dem Jahr 1978 stellt Prinz verschiedenste Zitate aus der Opern literatur auf-, unter-, über- und gegeneinander, liefert damit ein überbordendes Mosaik an Klangerlebnissen, die man als Musikfreund im Hinterkopf mit sich tragen mag. 1971 hat Prinz den Förderungspreis für Musik der Stadt Wien er halten. Erwähnenswert ist noch die „Trauermusik für Hiroshima“ im Gedenken an die Opfer des Atombombenabwurfs für drei Bläser und fünf Streicher aus dem Jahr 1994. Seine kompositorische Tätigkeit wurde auch von den eigenen Kollegen geschätzt und mit einer Aufführung seiner „Musik für Orchester“ (1969) im Philharmonischen Abonnement unter Horst Stein (am 17. und 18. April 1971) gewürdigt.

Ein Nachruf auf diesen bedeutenden Künstler soll und kann sich allerdings nicht nur an den Äußerlichkeiten des Erfolges und der messbaren Statistik orientieren. Alfred Prinz als Mensch und Kollege: Seine still-verschmitzte Art, der tiefgründige Humor in seinen Augen, die Abwesenheit jeder als zu groß empfundenen Geste, das konnte man mit ihm verbinden. Durch einen schweren Autounfall im Gehen leicht ungelenk, war er schon in diesem seinen Auftreten und in seiner äußeren Erscheinung unverwechselbar. Das „ Langsame“, gleichsam Zögernde in der Sprechweise war eine wohlüberlegte Diktion, in der Verbindlichkeit nie aufgesetzt oder übertrieben. Der glatte Ton seines Spiels bewies wohlüberlegtes Gestalten, und von außen gesehen hätte man annehmen können, daß er dabei keinerlei Mühe empfand. Persönliche Erinnerungen an das große Klarinettensolo in den Berlioz’schen „ Trojanern“ tauchen hier auf, ebenso wie seine Gestaltung des Schlusses der Oper „Palestrina“, die von einer geradezu unheimlichen Intiution zeugte. Hier hat die Klarinette im Verein mit einem aus der Ferne spielendem Harmonium fast in Stille zu versinken, was für gewöhnlich mit Intonationsproblemen verbunden ist, da entsprechend dem Doppler-Effekt ein im Hintergrund eingesetztes Instrument eher zu tief klingt. Prinz dunkelte gegen Schluß der Phrase sukzessive und unmerklich die Töne ab, um den völligen Gleichklang zu erreichen, und solches erwies sich dann als ebenso un spektakulär wie richtig.

Es gilt hier auch noch dem zeichnerischen Talent des Alfred Prinz ein kleines Denkmal zu setzen. „Wenn ihm fad war“ – und es gibt keine Instrumentalstimme, die nicht auch einmal Pausen hat – dann kam der für die Eintragungen unerläßliche Bleistift zum Einsatz, und im Handumdrehen war ein Konterfei entstanden, mit karikaturistischen Akzenten. Seinen Plan, diese quer durch die Notenstimmen vorhandenen graphischen Schätze im Sinn einer kleinen Sammlung zu heben und zu edieren, hatte er zwar mehrfach mündlich geäußert, aber dann doch nicht in die Tat umgesetzt. Ein Karajan-Portrait aus 1986 konnte freilich vom Autor dieser Zeilen gerettet werden und soll hier für sich sprechen.

Am 11. Oktober fand in der Wiener Hofburgkapelle eine Seelenmesse für Alfred Prinz statt. In die liturgische Feier waren drei beziehungsvoll ausgewählte Kompositionen W. A. Mozarts eingebettet: Karin Bonelli (Orchester der Wiener Staatsoper), Dominik Hellsberg, Robert Bauerstatter und der jüngste Sohn unseres Altvorstandes, Benedikt Hellsberg, spielten aus dem Flötenquartett in D-Dur KV 285 von Wolfgang Amadeus Mozart den zweiten Satz (Adagio), die Klarinettisten Daniel Ottensamer, Matthias Schorn, Gregor Hinterreiter (Bühnenorchester der Wiener Staatsoper) und Johann Hindler W. A. Mozarts Adagio für Klarinette und Bassetthörner KV 580a und sodann Vater und Söhne Hellsberg zusammen mit Robert Bauerstatter aus dem Mozart’schen „Dissonanzen quartett“ KV 465 den zweiten Satz, Andante cantabile.