2018年12月15日

Tour to Japan and China


© Martin Kubik

Ein Bericht des letzten philharmonischen Tagebuches hatte sich auf das Konzert des Orchesters am 11. November bezogen, das die Wiener Philharmoniker mit Franz Welser-Möst in der Opéra Royal des Versailler Schlosses gaben. Es war ein stark von den Medien beachtetes „Friedenskonzert“ im Gedenken an das Ende des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren. Zugleich stellte dieses Konzert aber auch den Auftakt zu einer sich unmittelbar anschließenden Tournee nach Japan und nach China dar. Die Programmwahl war von jener des Konzerts in Versailles freilich grundverschieden. Folgende Stücke wurden in wechselnder Zusammenstellung gespielt, und sie werden hier in der chronologischen Reihenfolge ihrer Entstehung angegeben. 

a) Wolfgang Amadeus Mozart, Konzert für Klavier und Orchester in c-Moll, KV 491 (mit dem Solisten Lang Lang)
b) Wolfgang Amadeus Mozart, Ouvertüre zur „Zauberflöte“ KV 620
c) Richard Wagner, „Götterdämmerung“, Auszüge in der Version Welser-Möst (Morgendämmerung, Siegfrieds Rheinfahrt, Siegfrieds Tod und Trauermarsch, Schlussszene)
d) Anton Bruckner, Symphonie Nr. 5 in B-Dur WAB 105
e) Johannes Brahms, Symphonie Nr. 2 in D-Dur, op 73
f) Johannes Brahms, Konzert für Violine, Violoncello und Orchester in a-Moll, op. 102 (mit den Solisten Volkhard Steude und Peter Somodari)
g) Antonín Dvořák, Karneval-Ouvertüre op. 92.

Als Orchesterzugaben kamen vier Stücke aus dem Repertoire der Strauß-Dynastie zum Zug: 1) Johann Strauß Sohn, Wo die Citronen blüh’n, Walzer op. 364; Leichtes Blut, Polka schnell op. 319
2) Johann Strauß Sohn, Rosen aus dem Süden, Walzer op. 388; Eduard Strauß, Bahn frei, Polka schnell op. 45.
Die Zugabe der Solisten waren im Fall der beiden Orchestermitglieder Volkhard Steude und Peter Somodari von Johan August Halvorsen eine Passacaglia für Violine und Violoncello nach der Suite in g-Moll von HWV 432 von Georg Friedrich Händel. Von Lang Lang favorisiert waren für ebendiesen Zweck immer wieder von Robert Schumann eine Zusammenstellung aus seinen Davidsbündler Tänzen op. 6; aber auch einmal Schumanns „Träumerei“ (also die Nr. 7 aus den „Kinderszenen“) sowie einmal von Claude Debussy die „Reverie“ L. 68.

Die einzelnen Stationen der Tournee und die Programmabläufe sind im folgenden aufgelistet.

Donnerstag, 15. November 2018, Kawasaki, Muza Kawasaki Symphony Hall. g), f), c). Zugabenfolge 1).
Freitag, 16. November 2018, Osaka, Osaka Festival Hall. b), a), e). Zugabenfolge 2).
Sonntag, 18. November 2018, Nagano, Hokuto Cultural Hall. b), a), e). Zugabenfolge 2).
Montag, 19. November, Tokio, Suntory Hall. Kammermusik-Gala. Richard Strauss, Streichsextett aus „Capriccio“. – David Popper, Polonaise op. 14 für Cello-Ensemble. – Pietro Mascagni, Intermezzo, arrangiert für Cello-Ensemble und Harfe. – Richard Wagner, Vorspiel zu „Lohengrin“, arrangiert für Violin-Ensemble. – W. A. Mozart, Auszuüge aus der Oper „Le Nozze di Figaro“ für Harmoniemusik im Arrangement aus dem 18. Jhdt. – Richard Wagner, Siegfried-Idyll. – Richard Wagner, Träume aus den „Wesendonck-Liedern“ in Bearbeitung des Komponisten für Solo-Violine, 6 Bläser und Streicher. – Georges Bizet, Carmen-Phantasie im Bearbeitung für Kontrabass-Quartett. – C.M. von Weber, Jägerchor aus „Der Freischütz“ arrangiert für Hornquartett. – Leonard Bernstein, Symphonic Dances, arrangiert für Schlagzeug-Ensemble. – Gottfried von Freiberg: Ausseer Fanfare für Blechblasensemble.
Dienstag, 20. November 2018, Tokio, Suntory Hall. b), a), e). Zugabenfolge 2).
Donnerstag, 22. November 2018, Tokio, Suntory Hall. Geschlossenes Konzert für den Konzern Daiwa House. g), f), e). Zugabenfolge 2).
Freitag, 23. November 2018, Tokio, Suntory Hall. d).
Samstag, 24. November 2018, Tokio, Suntory Hall. g), f) c). Zugabenfolge 1).
Montag, 26. November 2018, Tianjin (Tientsin), Tianjin Grand Theatre. b), a), e). Zugabenfolge 2)
Dienstag, 27. November 2018, Tianjin (Tientsin), Tianjin Grand Theatre. g), f), c). Zugabenfolge 1).
Donnerstag, 29. November 2018, Guangzhou (Kanton), Xing Hai Concert Hall. b), a), e). Zugabenfolge 2).
Freitag, 30. November 2018, Guangzhou (Kanton), Xing Hai Concert Hall. d).
Samstag, 1. Dezember 2018, Shanghai, Shanghai Oriental Center. b), a), e). Zugabenfolge 2).
Sonntag, 2. Dezember 2018, Shanghai, Shanghai Oriental Center. g), f), c). Zugabenfolge 1).

Es gab noch weitere künstlerische Aktivitäten in Tokio, so ein Schulkonzert am 20. November vormittags. Die vorhin erwähnte Kammermusik-Darbietung verschiedener Gruppierungen innerhalb des Orchesters wurde übrigens von Geschäftsführer Michael Bladerer moderiert (und dies auf japanisch!).Weiters wurde am 21. November eine Masterclass für Fagott von unserem Solofagottist Harald Müllerabgehalten. Entsandt wurde auch eine fünfköpfige Orchestermitglieder-Abordnung im Rahmen des Projektes „Music Aid Funds“ in die Stadt Koriyama, die ja recht nahe zum Unglücksreaktor Fukushima liegt. Michael Bladerer, Raphael Flieder, Benjamin Morrison, Hans Peter Schuh und Wolfgang Vladar hatten sich am 17. November aufgemacht, um dort in zwei Schulen für den guten Zweck der Musikvermittlung kurz als Tutoren zu fungieren. Diese beiden Schulen verfügen jeweils über ein Jugendorchester; im ersten Fall hatte sich das Ensemble der Zehn-bis Vierzehnjährigen den vierten Satz der Symphonie Nr. 2 von Ludwig van Beethoven probenderweise „angeeignet“, und dieser wurde nun zusammen mit den philharmonischen Mitspielern gleichsam auf eine neue Ebene der Interpretation gehoben. Das zweite Jugendorchester hatte sich am Zwischenspiel aus der Oper Cavalleria rusticana von Pietro Mascagni erprobt und wurde in ähnlicher Weise durch die Teilnahme der Professionisten gleichsam vom braven Notenlesen zur leidenschaftlichen Interpretation „mitgerissen“.

Als ein Höhepunkt in besonderer Hinsicht ist das Konzert in Tokio vom 20. November zu bezeichnen, das vom japanischen KronprinzenNaruhito besucht wurde. Nach dem Konzert empfing der Kronprinz Maestro Welser-Möst, Vorstand Froschauer, Geschäftsführer Bladerer, Konzertmeister Steude und Lang Lang, wobei sich eine solche Zusammenkunft weniger als Audienz darstellte, als vielmehr wie ein Gespräch unter Musikern ablief. Kronprinz Naruhito spielt Viola, und die Präsenz der klassischen Musik im japanischen Kaiserhaus kann insgesamt als eine sehr intensive bezeichnet werden. Der erst unlängst hochbetagt verstorbene österreichische Harfensolist und -pädagoge Josef Molnar, der in den 1950er Jahren nach Japan ausgewandert war, hat durch seine Unterrichtstätigkeit – die auch im Kaiserhaus ihren Niederschlag gefunden hat – hier ebenfalls starke Akzente gesetzt.

Die Flugreise nach China hat bei einem Teil des Orchesters leider eine gewisse Verzögerung erlitten, einerseits durch langwierige Immigration am Pekinger Flughafen, aber auch in der Folge beim Bustransport nach Tientsin aufgrund des örtlichen Smogs, der mit Sichtstrecken von weniger als fünf Metern nur mehr Schritttempo erlaubte. Gegen 5 Uhr morgens erreichte die Reisegruppe endlich das Hotel.

Auch in China waren Masterclasses für Begegnungen mit der einheimischen jungen Musikelite vorgesehen, so am 27. November in Tianjin für Streicher, die von Benjamin Morrison, Tobias Lea, Sebastian Bru und Ödön Racz gehalten wurden. Am 30. November fand in Guangzhou entsprechendes für Blechbläser statt, wobei Hans Peter Schuh, Wolfgang Vladar, Dietmar Küblböck und Paul Halwax im Einsatz waren. Ganz am Rande zu erwähnen sind auch noch Zusammenkünfte auf sportlicher Ebene, am 27. November in Tianjin mit einem Tischtennismatch, das freilich die erdrückende Qualität der Chinesen aufzuzeigen imstande war; das Fußballturnier in Guangzhou am 30. November konnte mit mannhafter Kampfbereitschaft der philharmonischen Einsatzkräfte zwar ein Debakel verhindern, nicht aber eine Niederlage von Null zu Eins.