4. März 2019

Autograph von Otto Nicolai


© Historisches Archiv der Wiener Philharmoniker

Bereits im Herbst des Vorjahres erhielt das Historische Archiv von einem hochherzigen Gönner eine Zimelie von ganz besonderer Relevanz für die Wiener Philharmoniker. Es geht dabei um ein Autograph von unserem Gründer Otto Nicolai, das wir Ihnen hier kurz beleuchten wollen. Offensichtlich auf Notenmaterial – vermutlich einem Vorsatzpapier –hat sich der Komponist hier für eine Widmungsträgerin Fräulein Elisa („Elise“) Meerti (1815-1878) verewigt; was später erausgeschnitten wurde. Diese aus Belgien stammende Sängerin läßt sich mit ihren Darbietungen für 1842 in Prag (so etwa am 22. Februar 1842 im dortigen Platteyßsaal) wie auch in Wien im darauffolgenden Monat aufspüren. Die „Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode“ widmet ihr in der Ausgabe Nr. 56 vom 19. März 1842 folgende ehrende Rezension:

„Die Concertsängerinn Elise Meerti aus Brüssel. Unter den zahlreichen, beynahe zahllosen Concertgebern und Virtuosen der heurigen, nun zu Ende gehenden Saison, hat D[emoise]lle. Elise Meerti sich auf erfreuliche Weise hervorgethan, und den ihr vorangegangenen Ruf auch in Wien vollkommen gerechtfertigt. Sie besitzt eine wahrhaft schöne, durch Schmelz, Wohlklang und Umfang gleich ausgezeichnete Stimme, einen äußerst gebildeten, durch Gefühl und Ausdruck geadelten Vortrag, und eine für den einfachen, getragenen Gesang vollkommen ausreichende Geläufigkeit. Die eigentlichen Bravoursachen, die eine besondere Kehlenfertigkeit, namentlich im Triller und anderen Coloraturen verlangen, gehören weniger in ihren Bereich; dagegen excellirt sie im Vortrage einfach ernster oder gemüthlich gefälliger Stücke, daher denn auch das ,Ave Maria‘ von Schubert und das ,Jerusalem‘ aus Mendelssohn’s ,Paulus‘, so wie die französischen Romanzen, die sie mit besonderer Grazie vortrug, den allgemeinsten Anklang fanden.“ Vom „Vorzug einer angenehmen Erscheinung“ ist in der Folge ebenfalls noch die Rede … 

Dieser Charakterisierung verhaftet und also leicht schwärmerisch gehalten ist das von Nicolai hingeworfene Musikzitat, das einen vierstimmigen Kanon mit italienischem Text unterlegt: „Die Blum’ am Bach, zu dir sie spricht: Mein Schatz, vergiß mich nicht, mein Schatz, vergiß mich nicht.“

Die Datierung der Widmung mit 19. April 1842 läßt den verwegenen Schluß zu, dass die Sängerin Elisa Meerti auch am 28. März 1842 in Wien und an diesem Tag mitunter auch Konzertbesucherin gewesen sein könnte?! Damit hätten wir mit ihr vielleicht sogar eine Zeitzeugin des ersten philharmonischen Konzertes im Visier …

Ein Interesse von Frau Meerti könnte hier nämlich durchaus vorhanden gewesen sein, weil das philharmonische Gründungskonzert auch Gesangseinlagen enthielt. So war etwa die Sopranistin Anna Maria Wilhelmine von Hasselt-Barth (eine gebürtige Amsterdamerin, von durchaus internationalem Karriereradius) mit zwei Nummern vertreten, sie hatte damals längerfristig ein Engagement als Mitglied des Wiener Kärntnertortheaters.

Nach einem solchen ausführlichen Blick auf die Widmungsträgerin und der aufgestellten Hypothese entschuldigt sich der Chronist ausdrücklich, nicht weiter auf den Widmungsgeber Otto Nicolai eingegangen zu sein. Nicolai hat es mit seinem Bekanntheitsgrad wohl weniger nötig, hier vorgestellt zu werden.

Wir erhielten dieses Autograph von Peter Poltun, dem langjährigem Leiter des Notenarchivs der Wiener Staatsoper, und wollen uns dafür bei ihm von Herzen bedanken!