18. April 2018

Professor Günter Högner verstorben


© Terry Linke

Am 16. April 2018 ist unser langjähriges Orchestermitglied Prof. Günter Högner im 75. Lebensjahr verstorben. Er hat als vormaliger Solohornist substantiell zur Stilgestaltung des Orchesters beigetragen, ist damit in besonderer Weise für das Klangbild der Wiener Philharmoniker verantwortlich und beispielgebend.

Günter Högner wurde am 16. Juli 1943 in Wien geboren, er begann seine Horn-Karriere als Schüler des damaligen Konservatoriums der Stadt Wien bei Franz Koch ab 1956; fünf Jahre später wechselte er an die Musikakademie, um bei unserem langjährigen Orchestermitglied Prof. Leopold Kainz seine Studien zu perfektionieren. Zur selben Zeit gab es für Günter Högner bereits Engagements in diversen Ensembles wie dem Kurorchester Bad Hall (1961), sodann im Stadttheater Baden bei Wien (1962/63) sowie im Orchester des Raimundtheaters (1963/64). 1965 kam Högner als Erster Hornist in das Orchester der Wiener Volksoper. Sein Wechsel in die Wiener Staatsoper vollzog sich 1967, wo er zuerst als dritter Hornist, ab 1971 als erster Hornist tätig war. Im selben Jahr wurde er auch zum 1. September 1971 in den Verein Wiener Philharmoniker aufgenommen. Nach dem altersbedingten Rückzug unserer vormaligen Solohornisten Wolfgang Tomböck sen. (1983) und Roland Berger (1984) stand Günter Högner an erster Stelle der Solohornisten, bis zu seinem Wechsel auf die dritte Hornstelle 1993, die er bis zu seiner Pensionierung am 1. September 2008 ausfüllte.

Zur verantwortungsvollen Funktion im Orchester gesellen sich bei Günter Högner die Lehrtätigkeit sowie auch ausgiebige kammermusikalische Aktivitäten. Er wurde ab 1981 Lehrer an der Musikhochschule Graz in der Expositur Oberschützen, erhielt ein Jahr später den Titel des Ordentlichen Hochschulprofessors. Vervollständigt hat er diese Unterrichtsverpflichtungen mit der Mitwirkung an diversen weiterführenden Kursen, etwa bei dem Internationalen Orchesterinstitut Attergau, dem Pacific Music Festival in Sapporo oder dem Gustav Mahler Jugendorchester. Weiterhin bekannt geworden ist Högner als Mitglied des Ensembles „Wien-Berlin“, ebenso als substanieller Bestandteil des „Wiener Oktetts“ und dann als Primarius seines eigenen „Högner-Quartetts“, zusammen mit den Orchesterkollegen Willibald Janezic, Franz Söllner und alternierend entweder Hans Fischer oder Karl Jeitler. In dieser letztgenannten Formation hat sich Högner in breiten Stadt- wie Landkreisen einen Namen gemacht, in der Verbreitung klassischer wie volksmusiknaher Adaptionen für Hornquartett. Als Höhepunkt seiner künstlerischen Laufbahn kann die Einspielung der vier Hornkonzerte von Wolfgang Amadeus Mozart mit den Wiener Philharmonikern unter Karl Böhm gelten. Hier äußert sich auch das, was zu seiner persönlichen Charakteristik beitragen mag. Eine sehr große Geradlinigkeit, eine Naturverbundenheit und dass Högner fähig war, große Bögen in der Musik zu erzeugen, die als solche viel von seiner Kraft am Instrument erzählen – wenn man dergleichen auch zu erkennen vermag. Das „Parfüm“ in der Musik war seine Sache nicht, eine große Rundheit des Klanges wie der Phrasierung freilich schon.

Mit Günter Högner verlieren wir in vieler Hinsicht einen sehr stillen, schweigsamen Menschen, der allerdings, wenn es darauf ankam, auch von seinem Selbstbewußtsein Gebrauch machen konnte. Eine kurze Anekdote soll hier für mehrere Erlebnisse stehen, wie sich Günter Högner auszudrücken beliebte. Salome-Orchesterprobe im Salzburger Festspielhaus, am Pult der Hausherr. Trotz aller Bemühungen geht es manchmal nicht völlig glasklar ab. Högners Stimme direkt hinter mir unterbricht den Tonfluß: „Herr von Karajan! Geben Sie das jetzt auf zwei oder auf vier?“ Karajans Antwort, in die erwartungsvolle Stille: „Selbstverständlich.“ – An dieser Stelle der Partitur ist es in der Folge nie mehr zu Mißverständnissen gekommen!!

Högners große Verbundenheit mit dem Ländlichen, seine landwirtschaftlichen Aktivitäten in Untersiebenbrunn, seine immer wieder erkennbaren Grundfesten in sich selbst: solche ausgeformten Charakterzüge machten den Menschen und Künstler am Horn aus. Es wäre noch anzufügen, dass es mit dem Wiener Horn aus rein technischen Voraussetzungen heutzutage nicht so gut bestellt wäre, hätte man sich – mit der Antriebskraft Högners im Hintergrund – vorzeiten nicht um die Hilfe der Firma Yamaha versehen, die hier mit den neuesten technischen Mitteln zur Instrumentenvermessung und -neugestaltung einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung und Verbesserung des von uns so geschätzten Typs des „Wiener Horns“ beigetragen haben. Wir danken dem Günter Högner, gute alte Dinge in ein neues Gewand gelegt und damit für die Zukunft tauglich gemacht zu haben.

Die Wiener Philharmoniker werden einem wichtigen Träger unseres Stilempfindens sowie dem Menschen und Hornisten Günter Högner ein dauerndes und gedankenvolles Andenken bewahren.